Drama, Deutschland, Türkei 2004
Regisseur(e): Fatih Akin
Produktionsjahr: 2004
Spieldauer: 117 Minuten
Es war ein Überraschungserfolg, mit dem niemand gerechnet hatte: Gut zwanzig Jahre nach dem RAF-Dokudrama Stammheim gewann 2004 wieder ein deutscher Film den Goldenen Bären der Internationalen Filmfestspiele von Berlin. Mindestens genauso lange hatte es allerdings auch keinen Film mehr gegeben, der sich so eindringlich mit der sozialen Befindlichkeit in Deutschland auseinandergesetzt hat: Gegen die Wand ist ebenso sehr ein Produkt der hiesigen Multikulti-Gesellschaft wie sein deutsch-türkischer Regisseur Fatih Akin. Er und seine beiden mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichneten Hauptdarsteller Birol Ünel und Sibel Kekilli brachten viele persönliche Erfahrungen ein in die Geschichte zweier Deutsch-Türken, die zwischen den Traditionen ihrer Heimatkultur und dem modernen Lebenswandel in Deutschland auf der Suche nach ihrer eigenen Identität sind: Die junge Sibel will sich von den Fesseln ihrer Familie befreien, und das geht nur per Selbstmord oder durch die Heirat mit einem Türken. Der abgebrannte Säufer Cahit ist dafür genauso gut geeignet wie jeder andere, doch die resultierende Zweckehe kann nur für kurze Dauer das Leben der beiden vereinfachen, bis zart knospende Zuneigung füreinander die nächste persönliche Katastrophe herauf beschwört. Drogen, Gewalt, Sex und Liebe: Gegen die Wand fängt schonungslos in brutal-realistischen und kraftvollen Bildern das stete Taumeln von Sibel und Cahit zwischen Lebenshunger und Selbstzerstörung ein und verdeutlicht eindringlich die Identitätskrise einer ganzen Generation von Einwandererkindern, die in Deutschland zwischen zwei Kulturen aufgewachsen sind. Brillant verquickt Akin auch in seiner Inszenierung deutsche und türkische Einflüsse und macht so aus Gegen die Wand nicht nur thematisch einen der bedeutendsten und beeindruckendsten europäischen Filme der letzten Jahre.